Jesus

2011 
Video Animation

Reto Scheibers Video „Jesus“ irritiert durch das Fehlen von Bezügen zur Christus-Ikonographie. Weder sehen wir die Person, die im Werktitel angesprochen ist, noch irgendwelche Symbole wie ein Kreuz, aber auch keinen Ablauf, der etwa auf Stationen aus der Passion verweisen würde - es gibt keine narrativen Elemente aus der Heilsgeschichte oder dem Leben Christi. Vielmehr zeichnet sich das Video durch seine minimale Gestaltung aus. Formal wäre der Bezug eher in der minimalistischen Kunst zu suchen, nehmen wir doch einen einfachen Glaskubus wahr, der von einer imaginären Lichtquelle durchleuchtet wird. Ein strenger Bildschnitt rhythmisiert das Video, wir glauben einen Video-Clip zu sehen und stellen uns die dazu passende Musik vor. Damit sind dennoch zwei Kriterien sakraler Kunst angesprochen, die aber vielmehr einen Ort der Religiosität meinen und die in Reto Scheibers Video eine zeitgenössische Referenz erhalten: Die sakrale Architektur und die Kirchenmusik. Das Video kann als eine formale Reduktion dieser zwei Möglichkeiten der Verehrung angesehen werden. Das Video bezeichnet einen sakralen Raum, in welchem der Verweis auf „Christus“ durch die bildnerische Kraft von Licht und Rhythmus erfolgt.

Christoph Lichtin

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